Das sonst so strahlende Stockholm zeigt sich unwirtlich dieser Tage, mit einer feuchten Kälte, die in die Glieder zieht. Wie gut, dass es „Ett Hem“ gibt. „Ett Hem“ heißt auf Deutsch „ein Zuhause“, und genau das will dieses kleine Hotel im Stadtteil Östermalm bieten. Schon beim Eintreten spürt man eine wohlige Wärme, die glücklich macht.
Wir kamen früh am Morgen an, noch müde vom Sechs-Uhr-Flug, und schon saßen wir in den weichen Polstern beim Frühstück wie am eigenen Tisch. Mit dampfendem Kaffee, Granola, Beeren und Joghurt, frischgebackenem Brot, köstlicher Marmelade aus Nordschweden und einem großen Stück Käse. Kein Buffet mit viel zu viel Dingen, keine einzeln abgepackten Waren – sondern einfach genau das Richtige in der richtigen Menge. Die Hotelangestellten behandeln die Gäste wie Freunde, die gerade mal vorbeigeschneit sind – freundlich, lässig und doch vollkommen aufmerksam. Nebenan in der Küche haben sich es sich die beiden Kinder eines jungen chinesischen Paares am großen Holztisch gemütlich gemacht, um möglichst nah beim Pfannkuchen backenden Koch zu sein. Im Hintergrund leise Musik von Simon & Garfunkel oder Neil Young, auch diese genau richtig, smooth, doch nicht beliebig. Das Hotel pflegt einen leisen Luxus, der nirgends übertreiben will. Die Inneneinrichtung hat die Londoner Interior-Designerin Ilse Crawford gestaltet, und das passt perfekt.
Crawford stellt die menschlichen Bedürfnisse und Wünsche ins Zentrum ihres Schaffens. Nichts bei ihr soll einfach so für sich als leeres Designobjekt stehen, alles will sie auf größtmögliche Behaglichkeit und Benutzbarkeit ausrichten. In Ett Hem ist ihr das hervorragend gelungen: Der Mix aus schwedischen Möbelklassikern, Leinenteppichen, Lammfellen, modernen Elementen und Antiquitäten wirkt anheimelnd, ästhetisch und funktional zugleich. In diesen Zimmern könnte man Monate verbringen. Es gibt eine kleine, feine Sauna und einen Fitnessraum (mit Pilates-Reformer, habe ich sonst noch nirgendwo gesehen), man kann die Hotelfahrräder benutzen, und im Flur hängen die schönen Regenjacken von Stutterheim Stockholm zum Gebrauch für die Gäste. Blöderweise will man aber gar nicht mehr weg hier. Und rafft sich dann doch auf, um durch die kalte Stadt zu radeln. Die Krönung des Ganzen ist später das Abendessen. Wie beim Frühstück muss man sich nicht um die Menüauswahl kümmern. Der Koch serviert nach Absprache drei Gänge und passenden Wein. Wir hatten als Vorspeise einen Eintopf aus Austern, Kabeljau und Rüben, unfassbar gut. Die meisten Produkte sind regional, viele aus biologischem Anbau. „Le Chef“ scheint die Bauernhöfe, mit denen er arbeitet, wie seine Westentasche zu kennen. Und weiß genau, woher sein Fisch stammt und wie er gefangen wird. Glücklich seufzend fielen wir nach dem Essen in unsere weichen Betten. Was für ein Ort! We’ll be back (Bilder: JVS, STE).
PS: Wer nicht so schnell nach Stockholm kommt, sollte sich auf jeden Fall den kleinen Film über das Hotel auf der Website ansehen. Macht auf der Stelle gute Laune!
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