Svenskt Tenn, das ist seit Jahrzehnten der Tempel des guten Geschmacks in Schweden. Herrlich altmodisch, ziemlich raffiniert und modern zugleich. Kein Stockholm-Trip ist für mich komplett ohne einen Besuch im großen und lichten Geschäft dieses Inneneinrichters am Strandvägen.
Das erste Mal gehört habe ich den Namen „Svenskt Tenn“ von dem so stilvollen Stephan Meyer, früher Creative Director der Zeitschrift AD. Das war, bevor Schweden dank eines Sommerhauses in den Stockholmer Schären zu meiner zweiten Heimat wurde. Stephan schwärmte in höchsten Tönen von dem originellen Geschäft in dem Stadtteil Östermalm, und seitdem bin ich auch zur „Svenskt Tenn“-Pilgerin mutiert. Man muss hier gar nicht unbedingt etwas kaufen. Auch „ohne“ gehe ich angenehm inspiriert und fröhlich wieder heraus. Es reicht schon, zwischen den Abteilungen herumzuwandern, über die typischen Leinenstoffe zu streichen, die Lampen und Tabletts mit dem Elefantenmuster zu inspizieren und die kostbaren Möbel von Josef Frank zu bewundern. Oder im angegliederten Teesalon eine Kleinigkeit zu essen. Alles hier atmet eine geordnete Großbürgerlichkeit, ohne fade und stumpf zu wirken.
Die einzelnen Räume des Geschäfts sind zum Teil wie fertige Zimmer eingerichtet, bestückt mit erlesenen Dingen. Und dazwischen gibt es ein paar etwas schräge, bunte Hingucker, die dem Ganzen die formelle Strenge nehmen. Zum Kaufen sind die meisten Sachen, insbesondere die Möbel nach historischen Entwürfen, auch leider viel zu teuer. Das war eigentlich nicht so vorgesehen. Als die Kunstlehrerin Estrid Ericson 1924 ihr Unternehmen Svenskt Tenn gründete, wollte sie zunächst erschwingliche Produkte für den täglichen Gebrauch anbieten. Sie startete mit Entwürfen aus Zinn von einem jungen schwedischen Designer. Daher kommt übrigens auch der Name: „Tenn“ ist das schwedische Wort für „Zinn“ (und „svenskt“ heißt „schwedisch“, also hießt das Ganze „schwedisches Zinn“). Ericson erhielt schon ein Jahr nach Gründung die Goldmedaille der Pariser Weltausstellung für ihre Produkte. Und bot bald alle möglichen Einrichtungsgegenstände an.
Einige Jahre später begann sie, mit dem damals schon berühmten Möbeldesigner Josef Frank zusammenzuarbeiten. Der war aus Österreich nach Schweden geflohen aus Angst vor den Nazis. Franks Entwürfe sind bis heute eine reine Augenweide; so fein und klar sind sie gemacht. Die leicht geschwungenen Gartenstühle aus Eisen mit Netzstruktur zum Beispiel oder die filigranen Mahagonischränkchen, die mit gemustertem Stoff bezogen wurden. Aber auch die modernen Stücke heutiger schwedischer Designer sind absolut sehenswert. Die meisten von ihnen werden in Schweden auf Bestellung gefertigt. Und halten eine Ewigkeit. In einem traditionellen Sinn ist Svenskt Tenn durchaus nachhaltig. Ich habe mir kürzlich dann doch etwas gekauft: Drei schmale Tontöpfe für Kräuter in ockerfarbener Glasur, gefertigt in Linköping. Und dazu kleine „Unterteller“ aus goldfarbenem Messing. Sie stehen jetzt in unserem Schärenhaus auf der Fensterbank, und ich freue mich jeden Tag daran. Wahrscheinlich nehme ich sie aber dann mit nach Deutschland, ein kleines Stück Stockholm zuhause ist nie eine schlechte Idee.
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