Die „Demokratisierung guten Designs“ will Jette Joop durch ihren Pakt mit Aldi Süd voranbringen. So zumindest begründete sie gestern im Handelsblatt die Zusammenarbeit mit dem Billig-Discounter, für den sie eine kleine „exklusive“ Damenkollektion namens „Blue Motion“ kreiert hat. Das klingt vordergründig nett, dahinter öffnet sich aber ein Abgrund von Naivität. Statt der Demokratisierung bringt sie wahrscheinlich eher Vermüllung und Verelendung voran. Auch wenn Aldi inzwischen in Einzelaktionen Artikel verkauft, die mit dem offiziellen Fairtrade-Siegel zertifiziert sind, hat sich das Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit und faire Arbeitsbedingungen bisher nicht gerade hervorgetan.
Aldi Süd gehört zu den 15 Unternehmen, die das von Bundesentwicklungsminister Gerd Müller initiierte Textilbündnis zur Verbesserung sozialer und ökologischer Standards zunächst ablehnten (und später dann beidrehten und beitraten). Die Clean Cloth Initiative hat Aldi immer wieder Arbeitsrechtsverletzungen bei Zulieferbetrieben vorgeworfen. Kleidung schmeisst der Discounter so günstig auf den Markt, dass sie nur schwerlich unter wirklich nachhaltigen Voraussetzungen produziert sein kann. Und natürlich trägt diese Billigmode enorm dazu bei, dass Kleidung nicht wertgeschätzt, sondern als Wegwerfartikel betrachtet wird. Dass Jette Joop verkündet, Aldi sei Kult, setzt einfach komplett falsche Zeichen. Gleichzeitig betrachtet sie sich mit ihrer Initiative als Vorreiterin – auch das kein Zeichen von großer Reflektiertheit, gab es doch schon einige Kooperationen von Modemachern und Discountern (von den vielen Kollektionen bekannte Designer für vertikale Ketten wie H&M oder Zara mal abgesehen). „ Ich habe das freche Grinsen einer Frau vor Augen, die mit einem Teil von mir, das sie bei Aldi gekauft hat, ein Kompliment bekommt und sich dann denkt: ‚Wenn du wüsstest, wo ich dieses schicke Outfit gekauft habe… Haha, bei Aldi Süd aus dem Drahtkorb für 19,90 Euro.’“, freut sich die gelernte Schmuckdesignerin im Interview. Wie schön, dass wenigstens diese Vision so wahrscheinlich nicht eintreffen wird. In der „Textilwirtschaft“ waren ein paar Teile aus der Kollektion abgebildet, die im April auf den Markt kommen soll. Die wirken allesamt so nichtssagend und blass, dass sie mit Sicherheit kein modischer Megaseller à la „Karl Lagerfeld & H&M“ werden (Bild: © Ruslan Gilmanshin/fotolia).
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