Was für ein Jammer! Ausgerechnet die russische Haute-Couture-Designerin Ulyana Sergeenko fiel bei den Pariser Haute-Couture-Schauen vor ein paar Tagen unfassbar blöd auf. Mit einem wahrscheinlich gedankenlos dahingekritzelten, aber dann doch rassistisch wirkenden Briefchen. Ihre Mode allerdings gehörte zum Besten, was Paris diesmal zu bieten hatte. Ich war trotz allem in ihrem Showroom zu Tee und Windbeuteln. Ihre Entwürfe stellen eigentlich genau das, was Haute Couture sein sollte. Kein „Werbemittel“ wie bei den großen Marken, um irgendwelche Kosmetika und Nebenprodukte in Massen zu verkaufen. Sondern exklusive Entwürfe, die nur für sich sprechen.
Vor ein paar Jahren besuchte ich das erste Mal eine Modenschau der Russin. Neben mit saß schon vor Beginn eine junge Amerikanerin mit kurzen Haaren und in einem der schönsten Kleider, das ich je zuvor gesehen hatte. Ich glaube, ich habe sie die ganze Zeit fassungslos angestarrt. Sie trug natürlich Sergeenko. Diese fertigt vor allem Kleider mit allerfeinsten Details im Stil der 1930er-Jahre. Oft wadenlang, tailliert, schön schwingend und in wunderbaren Stoffen. Die Stücke scheinen irgendwie „aus der Zeit gefallen zu sein“, vollkommen unabhängig von Trends und sehr besonders. Sie werden den Kundinnen des Hauses auf den Leib geschneidert. Entweder im Showroom in Moskau oder bei einem der wenigen Termine, die die Couturière in verschiedenen Städten anbietet. In Paris hatte sie schöne lichte Räume an der Place Vendôme gemietet, und man glitt durch die Zimmer wie durch die Salons einer russischen Großfürstin. So ähnlich muss sich die Haute Couture zu Zeiten Balenciagas oder Christian Diors angefühlt haben (ich lese gerade die wunderbare Balenciaga-Biographie von Mary Blume). Ein vollkommen der Handwerkskunst gewidmetes Metier – ohne die Notwendigkeit Tausender von Instagram-Bildern oder You-Tube-Videos.
Dass Sergeenko nun ausgerechnet über ein Instagram-Bild stolpert, das ihre Freundin Miroslava Duma ins Netz gestellt hat, erscheint daher wie ein Treppenwitz. Auf dem darauf zu sehenden Briefchen an Duma stand „To my n*ggas in Paris“. Eine Anspielung auf einen Song von Kanye West und Jay Z. Weder Sergeenko noch Duma verstanden, dass es einfach absolut unangemessen ist, wenn eine weiße Europäerin so einen Begriff verwendet. Sergeenko schrieb ihn, und Duma postete fröhlich den dummen Satz. Und jetzt vermuten viele, dass die mit einem Oligarchen verheiratete Sergeenko eben doch nur eine reiche verwöhnte Fashion-Gans ist und nicht eine hervorragende Couturière.
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