Nun hat es mich also auch erwischt. Auf Empfehlung einer Freundin habe ich mich für eine Woche zum Buchinger-Heilfasten auf Schloss Warnsdorf einquartiert, einer Privatklinik. Dabei lebe ich eigentlich sehr gesund, ernähre mich gut und treibe ausreichend Sport. „Stationäres Fasten“ fand ich bisher eher unnötig. Währenddessen reist um mich herum munter schon beinahe jede/r regelmäßig in irgendwelche hochgetunten Mayr-Kurhotels oder andere Entgiftungs-Stätten. Allerdings werden tatsächlich die Belege für die heilsame Wirkung eines Nahrungsverzichts auch in meinen Augen immer schlagender. Und zudem möchte ich endlich einmal grundlegend etwas gegen meine zahlreichen Allergien tun. Fasten soll hier Wunder wirken.

Ausgerechnet Buchinger…

Blick auf das Schloss am Morgen

Also Schloss Warnsdorf. Das liegt entzückend schön mit Blick auf den Hemmelsdorfer See und in Ostseenähe. Es gibt einen großzügig angelegten Park, und das Wetter könnte herrlicher kaum sein. Auch die schlanke Planung spricht für den Ort: Mit dem Auto braust man von Hamburg aus in einer knappen Stunde hin. Zur Not könnte ich sogar unseren Labrador mitnehmen. Ich wohne hier in einem winzigen, hübschen Gebäude namens „Rosenhaus“, was schon bei der Ankunft einladend und gemütlich wirkt.

Was mir aber nicht wirklich klar war: Bei der Buchinger-Kur gibt es – anders als bei Mayr – wirklich nichts, nada, außer Tee und Wasser sowie zweimal am Tag wahlweise eine Fastensuppe, Saft oder eine Brühe. Und Warnsdorf ist eine traditionelle „beinharte“ Buchinger-Institution. Die medizinische Abteilung, in der sich die Fastenden zur Aufnahme mit Arzttermin und EKG vorstellen, könnte medizinischer nicht sein. Kühl und karg erinnert sie an wenig an die Arzpraxen meiner Kindheit. Wo man vor lauter Verzweiflung im Wartezimmer anfing, „Frau im Spiegel“ oder sonstige Knallpresse zu lesen. Hier liegt natürlich die „Bunte“ bereit, doch ist man ruckzuck dran und muss gar nicht lange rumsitzen und Klatschzeug lesen. Die medizinische Betreuung ist – zum Ausgleich für die Umgebung – hervorragend: Extrem kompetent, nett und ausnehmend sympathisch. Das Beste aber: Da ich eher wenig als viel wiege, darf ich künftig morgens mir ein Schälchen Quark aus der Küche abholen. Das klingt für mich wie für andere die Aussicht auf ein Stück Torte. Ich habe nämlich schon zwei Vorbereitungstage mit Schmalkost hinter mir und am Anreisetag nur Obst gegessen. Aber los geht es nun erst mal mit Glauber-Salz zum Abführen.

Leberwickel und Hagebutten-Tee

Das Fastenbuffet – überschaubar

Spätestens am Abend stellen sich bei mir Kopfschmerzen ein. Von dem Salz ist mir übel, und mir scheint es, als sei mein ganzer Körper mit dichter Watte gefüllt. Das Salz lässt mich unruhig schlafen. Morgens taumele ich zur Blutabnahme. Ich sehne mich nach meinem Quark. Zum Glück habe ich gleich eine Fußreflexzonenmassage gebucht. Der Masseur leistet ganze Arbeit und löst mit festem, kundigen Druck die Spannungen in Kopf und Bauch auf. Danach wird es besser. Der Quark und der Tee tun das ihre dazu. Zudem trinke ich heimlich einen Schluck Kaffee. Ich versuche zu joggen, aber eher schlecht als recht. Ohne Essen bin ich einfach zu schwach. Die Fastensuppe hilft da auch nicht wirklich.

Mittags kommt das Housekeeping ins Zimmer mit einem Leberwickel und Hagebutten-Tee. Das wird in den daruffolgenden Tagen – neben dem Morgentee mit Milchzucker am Bett – mein Allerschönstes. Nach einem Nickerchen gleite ich deutlich entspannter durch den Nachmittag. Auf mein Buch, das ich mir in den warm besonnten Park mitgenommen habe, kann ich mich allerdings noch nicht konzentrieren.

Abend im Schlosspark

In der darauffolgenden Nacht schlafe ich so fest und so tief wie lange nicht mehr. Zehn Stunden beinahe am Stück, nur von einem Erwachen unterbrochen. Als der Wecker klingelt, könnte ich immer noch weiterschlafen. Der dritte Tag erweist sich als deutlich besser. Ich kann wieder meine tägliches Yoga-Programm aufnehmen. Statt zu joggen gehe ich spazieren und nachmittags nehme ich an einer phantastischen Lektion in der Körpertechnik Feldenkrais teil. Alles scheint leicht und klar. Ich habe zwar immer noch Visionen von Essen, halte mich am Quark fest und gehe stets überpünktlich zum „Fasten-Buffet“ mit den Suppen. Doch mein Körper gewöhnt sich an den neuen Rhythmus.

Natürlich hält das Idyll nicht ungetrübt an. Fasten ist einfach anstrengend. Eine Fango-Packung in der immer noch sehr klinisch wirkenden Medizin-Abteilung am vierten Tag regt mich so sehr an, dass ich mich nachts erneut wälze. Und diese ewige Suppe geht mir allmählich auf die Nerven. Beim erneuten Joggen in der wirklich wahnsinnig idyllischen Umgebung verpasse ich eine Abzweigung am benachbarten Golfplatz. So dass ich statt 20 Minuten satte 40 laufe, bevor ich wieder beim Schloss ankomme. Viel zu viel für Fastende. Viel besser scheint da der Yoga-Kurs am darauffolgenden Tag, bei dem wir sanft und effizient den ganzen Körper durchbewegen.

Geschafft!

Finito. Geschafft. Auf Wiedersehen!

Nach fünf Tagen darf ich „Fastenbrechen“. Und ich kann euch sagen, es ist wie Weihnachten und Ostern zusammen. Noch nie habe ich mich so über einen gedünsteten Apfel als Mahlzeit gefreut. Abends gib es sogar Suppe „in ganzen Stücken“. Und am Aufbautag danach Knäckebrot, Quark und Obst zum Frühstück. Köstlich! Warnsdorf hat neben dem Fasten- auch einen ganz normalen Hotelbereich – die Küche ist hervorragend. Mittlerweile habe ich auch einen Platz am Fastenbrecher-Tisch im Restaurant zugewiesen bekommen. Die neue Wertschätzung, die wir hier alle jedem einzelnen Bissen entgegenbringen, verbuche ich als Take-away. Zudem fühle ich mich extrem klar, konzentriert und voller Energie. Und das trotz der nach wie vor reduzierten Kost. Zu viel Gewicht habe ich auch nicht verloren, und das Wenige genau an den richtigen Stellen. Es hat sich gelohnt. Ob ich es wiederholen werde, weiß ich noch nicht. Buchinger ist möglicherweise doch etwas zu hart für einen Menschen meiner Statur. Vielleicht dann eher eine Mayr-Kur? Aber eigentlich lebe ich ja sehr gesund, ernähre mich gut und treibe ausreichend Sport… Und doch spricht dieser durchgespülte Zustand für sich. Man fühlt sich wirklich so, wie es in Broschüren angepriesen wird, wie „neugeboren“.

Website der Buchinger-Klinik Schloss Warnsdorf