So sehr Venedigs Hot Spots auch bezaubern, so sehr erschöpfen sie nach ein paar Tagen. Der Markusplatz, die Rialtobrücke, der Dogenpalast, die Akademie und die Gassen – überall herrscht ein unfassbares Gewimmel. Da lohnt die Fahrt herüber zur Insel Giudecca und ein Besuch eines verborgenen Schatzes der Stadt – des Showrooms und Gartens von Fortuny. Entdecken kann man auf dem Gelände der alten Textilfabrik eine ruhige, heitere Schönheit. Venedig zeigt sich wieder als Serenissima.
Mariano de Fortuny y Madrazo (1871-1949) galt zu Lebzeiten als eine Legende der Modewelt. Er stammte aus einer hochgebildeten spanischen Familie und wuchs bei seiner Mutter in den Pariser Künstlerkreisen des späten 19. Jahrhunderts auf. Wie sein früh gestorbener Vater, ein bekannter Maler, entschied auch er sich für die künstlerische Laufbahn. 1889 siedelte die Familie nach Venedig über. Mariano erwarb schon kurze Zeit später einen Palazzo, wo er arbeitete. Er malte nicht nur, sondern entwarf auch Bühnenbilder und fertigte traumhaft schöne Stoffe und seidene Plisseekleider. Maßgeblich unterstützt wurde er von seiner Frau Henriette Negrin, einer Französin. Sie hatte für ihn auch als Ateliermodell gearbeitet. Wahrscheinlich war es sogar Henriette, die seine an griechische Gewänder erinnernden „Delphos“-Kleider mit ihrer speziellen Falttechnik entwickelt hat.
Die Entwürfe waren hauchzart und changierten im Licht. Sie umleuchteten den Körper ihrer Trägerinnen wie Blattgold. Das kann man noch heute auf Fotos seiner reichen und mondänen Kundinnen wie Isadora Duncan oder Peggy Guggenheim nachvollziehen. Fortuny wurde weltberühmt. Der Schriftsteller Marcel Proust schwärmte beispielsweise ausgiebig in „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ von Fortunys Kleidern. Das Geheimnis ihrer Herstellung nahm Henriette, die nach ihrem Mann starb, mit ins Grab. Fortunys Stoffe hingegen werden heute noch gefertigt. An der Giudecca nämlich, wo der Allround-Künstler 1919 ein Seidenstoffdruckerei errichtete. Dass die Stoffherstellung überlebt hat, ist Fortunys Geschäftspartnerin Elsie Lee McNeill zu verdanken. Elsie hatte zunächst die Stoffe in den USA exklusiv vertrieben. Nach Fortunys Tod übernahm sie die Leitung der Fabrik. Und legte zudem einen idyllischen Garten dort an.
Hier herumzuwandeln ist einfach nur wunderbar. Man kann eine Führung buchen und sich dann im Showroom durch die historischen Stoffmuster blättern. Stundenlang könnte man verweilen. Bis die Stadt mit ihrer phantastischen Betriebsamkeit wieder ruft.
Fortuny, Giudecca 805, 30100 Venezia, Öffnungszeiten: Mo-Fr, 10.00-13.00 u. 14.00-18.00 Uhr (vom 13.8.-15.8. geschlossen), Tel.: +39 393 825 7651
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