„Athleisure“ heißt die Moderichtung der Zukunft. Das Wort ist ein Hybrid aus Athletics und Leisure, Sport und Freizeit, und steht für Kleidung, in der man relativ unbeschwert zwischen beiden Bereichen switchen kann (wobei Sport natürlich eigentlich eh zu „Freizeit“ gehört, aber wir lassen es mal so stehen), ohne dabei doof auszusehen. Athleisure kommt all denen zugute, die sich gerne bewegen und oft unterwegs sind (dazu gehöre ich zum Beispiel auch). Die Yoga-Pants müssen auch noch dafür taugen, nach der Asanas-Stunde in der Stadt herumzulaufen, zum Markt zu radeln oder sich mit Freunden zu treffen. Die Grenzen unserer Alltagstätigkeiten verschwimmen immer mehr – und dafür brauchen wir schöne, bequeme, aber zugleich funktionale Kleidung. Das bieten viele Labels inzwischen an. Das Ganze dann aber auch in hochwertig und nachhaltig zu buchstabieren, schaffen bisher nur wenige. In diese Lücke stößt die junge deutsche Marke Aeance. Sie ist erst seit etwa einem halben Jahr am Markt und hatte schon Veröffentlichungen in der deutschen und der italienischen Vogue, in Madame, Harper’s Bazaar, der französischen Elle und allen möglichen anderen internationalen Hochklasse-Publikationen. Unbedingt wissen wollte ich daher, ob das nur daran liegt, dass die beiden Gründer Arendt van Deyk und Nadine-Isabelle Beier jahrelang hochprofessionell im Marketing gearbeitet haben. Oder daran, dass beide auch viel von Sport verstehen und die Sachen wirklich topp sind. Ich habe mir daher ein paar Stücke aus der insgesamt 19teiligen Kollektion bestellt und sie getestet.
Schon beim Auspacken muss ich zugeben: Sie sehen wirklich sehr schön aus. Der deutsche Designer Hien Le hat sie entworfen mit einem klaren minimalistischen Ansatz. Die Farben sind gut – Azur- und Graublau oder Tiefrot -, alles ist super verarbeitet und mit hübschen schmalen Reißverschlüssen versehen. Dann fühlen sie sich auch noch angenehm an und riechen nicht nach Kunststoff, wie das sonst häufig bei Sportsachen der Fall ist. Bei Aeance kommen Naturgarne wie Merinowolle und „High-End“-Synthetikfasern aus Italien, der Schweiz und Neuseeland zum Einsatz. Die für die Materialien zuständigen Fabriken folgen laut Aeance dem Bluesign-Standard, einem Umweltsiegel mit strengen Anforderungen in Bezug auf die gesamte Produktionskette. Gefertigt wird die Kollektion in einem Unternehmen in Portugal, das seine CO2-Emissionen weitgehend reduziert hat. So weit, so lobenswert. Entscheidend bleibt aber auch, ob die Entwürfe wirklich gut funktionieren.
Ich probiere die Shorts und die ärmellose Weste mit hohem Kragen an. Perfekt. Die Teile eignen sich problemlos für viele Laufrunden und auch für eine Frühstücksverabredung. Beide sind winddicht und dennoch leicht – einfach richtig gut gemacht. Allerdings moniert mein Sohn, als wir zum Abendessen in unseren herrlichen Tennisclub am See gehen, ich sähe in der Weste so nach „Golfspielerin“ aus. Mmh, cool geht anders. Und „Tennisspielerin“ wäre mir dann doch modisch gesehen lieber gewesen. Ich ziehe mich wieder um. Für alle Gelegenheiten taugt Aeance also nicht. Später sind die graublauen, mit einem dunkelgrauen Seitenstreifen versehenen langen Leggings dran. Ich starte mit ein paar Yoga-Sequenzen. Leider sind sie nicht besonders gut dehnbar und nerven ein wenig bei Stellungen wie den verschiedenen Kriegervarianten, wo man in einer weiten Schritthaltung steht. Spagat sollte man hierin auf keinen Fall üben. Die gute Nachricht ist: Nach den ersten Wäschen wird das Material immer schöner und dehnbarer, behält aber trotzdem die Form. Die schlechte Nachricht ist und bleibt der schmerzhaft hohe Preis von Aeance-Sachen. Tights starten bei 140, Jerseyshirts bei 150 und die „Golf“-Weste kostet 270 Euro. Es ist wirklich Luxus-Sportswear. Vielleicht kann man sich damit trösten, dass ähnliche Dinge in der Sportsparte von Net-à-Porter in etwa genau so teuer sind. Und sicher bei weitem nicht so umweltfreundlich (alle Bilder: Aeance).
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