Dieses Buch war seit langem überfällig: ein schön edierter Bildband mit intelligenten Texten, der zeigt, dass fair produzierte Mode elegant, sexy und cool sein kann. Und nichts mehr mit dem „Stricken-für-den-Frieden“-Image zu tun hat, das ihr immer noch anhaftet. Die Designerin und Ökologie-Aktivistin Magdalena Schaffrin (sie hat den Greenshowroom der Berliner Fashion Week gegründet) und die Journalistin und Bloggerin Ellen Köhrer stellten vor ein paar Tagen ihr Buch „Fashion Made Fair“ in Berlin vor, und man kann nur den Hut ziehen. Die Crème de la Crème umweltbewusster Designer ist mit tollen Fotos vertreten – von Hessnatur oder Umasan aus Deutschland über People Tree und Vivienne Westwood aus Großbritannien bis hin zu dem angesagten Label Reformation aus den USA. Oder Kowtow aus Neuseeland.
Jedes Label wird ausführlich (aber überhaupt nicht langatmig) präsentiert. Selten wurde so deutlich, wie vielfältig die Ansätze bei nachhaltigem Design sein können. Da gibt es die aus Äthiopien stammende Liya Kebede, Supermodel und Schauspielerin, die für ihre Marke Lemlem mit Workshops aus ihrer Heimatstadt Addis Abeba zusammenarbeitet. Oder den Niederländer Bert van Son, der mit „Mud Jeans“ fair produzierte Hosen aus zertifizierter Bio-Baumwolle auf den Markt gebracht hat, die nach Gebrauch zurück geschickt werden können und dann als Vintagejeans verkauft werden. Sind sie zu kaputt dafür, werden sie geschreddert, gemahlen und zu einem neuen Baumwollfaden versponnen. Zudem gibt es noch verschiedene Interviews mit Visionären der Modeszene. Und einen gut recherchierten Anhang, der Siegel und Initiativen der Textilbranche auflistet und erklärt. Mit am meisten beeindruckt habe sie das Interview mit dem Antwerpener Designer Bruno Pieters, erklärte die strahlende Magdalena Schaffrin bei der Buchpräsentation. Mir ging es beim Lesen genauso. Pieters, einst für Top-Marken wie Christian Lacroix, Martin Margiela und Hugo Boss kreativ, änderte nach einem Sabbatical und Reisen nach Indien seinen Blick auf Kleidung und die Welt radikal. Er gründete mit „Honest By“ die erste Modemarke, die – vollkommen transparent – ihre gesamte Produktions- und Lieferkette offenlegt. Sein Motto ist Gandhis Satz „Be the change you want to see in the world“. Er ist sich ganz sicher, dass jeder einzelne Kunde die Modebranche beeinflussen und verändern kann: „Die Kunden müssen verstehen, dass sie auf der Modepyramide ganz oben stehen. Alles steht in ihrer Macht.“ Ein toller Appell an jeden, besser zu kaufen und immer nach den Produktionsbedingungen zu fragen (Beitragsbild aus dem Buch: Mantel von Titania Inglis, © Julia Comita for Titania Inglis).
Ellen Köhrer, Magdalena Schaffrin: „Fashion Made Fair. Modern – innovativ – nachhaltig“, 129 Seiten mit 200 farbigen Abbildungen, Prestel Verlag München/London/New York, € 39,95, ISBN 978-3-7913-8175-6 (ab 24.4. im Handel).
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