Mit der Nachhaltigkeit ist es ja so eine Sache. Man fängt an, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Kauft Bio-Ware und vermeidet Plastik. Und dann dringt man weiter vor und stellt fest, dass alles viel komplexer und schwieriger ist, als man denkt. So ein Erlebnis hatte ich vergangene Woche auf der Fashionsustain-Konferenz während der Berliner Fashion-Week. Da gab es ein hervorragendes Panel zum Thema Wasser. Und zumindest für mich ergaben sich ein paar neue Aspekte für die Frage, ob Baumwolle wirklich nachhaltig ist (Beitragsbild: Shutterstock).
Baumwolle verbraucht viel Wasser. Das ist nicht immer ein Problem
Zunächst denkt man ja, Baumwolle – und dann noch in Bio-Qualität – sei umweltfreundlicher als Polyester. Baumwolle ist ein nachwachsender Rohstoff, während Polyester immer auf der begrenzten Ressource Erdöl basiert. Zudem verbraucht die Herstellung der Kunstfaser sehr viel Energie. Für den Anbau von Baumwolle aber, das wurde auf der Konferenz noch einmal unterstrichen, benötigt man enorm viel Wasser. Der WWF hat errechnet, dass für ein Kilo Baumwolle – die Menge, die man etwa für ein T-Shirt plus eine Jeans braucht – 20.000 Liter Wasser genutzt werden. Unfassbar viel! Möglicherweise ist da Kleidung aus Recycling-Polyester die bessere Wahl. Oder noch besser Textilien, wie sie zum Beispiel Blue Ben entwickelt hat. Das ist eine junge Marke aus Berlin, die gerade besonders umweltfreundliche Sweat-Shirts auf den Markt bringt. Statt mit Baumwolle arbeiten sie mit Hanf und Modal und sparen damit ca. 90 Prozent Wasser. 10% der Umsatzes sollen an Wasserprojekte in Ländern gehen, deren Böden stark unter der Textilindustrie gelitten haben.
Eine gute Idee, die man unterstützen sollte. Und doch stellt sich die Lage in Bezug auf Bio-Baumwolle komplexer dar. Das erläuterte auf der FashionSustain der ziemlich klug wirkende Philipp Wagnitz, Programmleiter Internationale Wasserressourcen beim WWF. Baumwolle ist eben nicht gleich Baumwolle. Es komme, meinte er, schlichtweg darauf an, wo sie angebaut werde. Stamme sie aus einem Regengebiet, sei es überhaupt kein Problem. Sie brauche dann eben nicht Unmengen von Bewässerung. Leider werde aber ein großer Teil an Baumwolle in sehr trocknen Gebieten angebaut. Und die Modehersteller seien sich oft gar nicht bewusst, woher ihre Fasern stammten. Hier besteht also noch großer Handlungsbedarf.
Ein WWF-Ranking gibt Hilfestellung
Der WWF hat 2017 ein Ranking für nachhaltige Baumwolle herausgebracht. Bewertet wurden dabei Transparenz, Arbeitsbedingungen, Umweltfreundlichkeit und Wasserverbrauch. Bei Letzterem toppten Ikea, C&A und Levi Strauss & Co. alle anderen Unternehmen, die gerankt worden waren. Hier gehe ich also in Bezug auf Wasser ziemlich auf Nummer Sicher. Nun gibt es natürlich verschiedenste Gründe, nicht gerade bei diesen dreien einkaufen zu wollen (C&A zum Beispiel verkauft Billigmode, die von der Idee her einfach nicht auf Langlebigkeit und Nachhaltigkeit ausgerichtet sein kann). H&M schnitt übrigens bei deim WWF-Ranking insgesamt sehr gut ab, aber nicht speziell in Bezug Wasserverbrauch. Dennoch ist dem Unternehmen das Thema bewusst – sie arbeiten daran.
Was also tun?
Ist Baumwolle denn nun tabu? Nein, meine ich. Baumwolle ist ein extrem körperfreundliches, langlebiges Material aus nachwachsenden Rohstoffen. Sie sollte möglichst immer aus biologischem Anbau stammen, da sonst relativ hohe Mengen an Pestiziden verwendet werden. Und man sollte die Menge von Baumwollteilen im Kleiderschrank bewusst begrenzen. Es gibt ja auch einige gute Alternativen wie Hanf, Bambus, Cellulose etc.
Schön wäre es natürlich, vor dem Kauf eines Entwurfs herauszufinden, woher die verwendete Baumwolle stammt, ob aus einer wasserreichen oder wasserarmen Gegend. Hier hilft zum Beispiel das Siegel Cotton Made in Africa. Die so ausgezeichnete Baumwolle wird nur mit Regenwasser angebaut. Die Marken der Otto-Gruppe arbeiten im Bio-Bereich mit CmiA. Ansonsten gilt wie bei so vielen Themen: Immer wieder beim Kauf nachfragen. Auch wenn die Frage nicht direkt beantwortet werden kann, glaube ich fest daran, dass so ein Feedback auch bei den Herstellern etwas bewirkt.
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